Das Klosterweingut Cremisan
Die Weinkellerei hat Tradition seit mehr als 125 Jahren; die Weine aus der Region um Bethlehem, bis hinab nach Hebron, gelten bereits seit biblischer Zeit als besonders gute und wohlschmeckende Weine; die Weingärten, rund um die sogenannten „Teiche Salomons“ werden in der Bibel des Alten Testaments an vielen Stellen erwähnt.
Die heute angebauten Rebsorten unterscheiden sich natürlich von den einstigen Weinen, dennoch ist ihre Qualität unzweifelhaft. Allerdings besinnt man sich wieder auf die Tradition und es werden bewusst klassische Rebsorten der Region wieder vermehrt angebaut und auch wieder zu Weinen ausgebaut.
So hat die kleine Kellerei der Salesianer seit einigen Jahren weitgehend umgestellt auf einheimische Rebsorten, die einst einmal auch eine Rolle im Weinbau gespielt haben, über viele Jahrzehnte aber in Vergessenheit geraten waren. Heute sind Trauben wie Daboukey, Hamdani, Jandaley, Baladije asmar,
etc. wieder voll im „Einsatz“ für die Weinproduktion. Diese Trauben bringen eine Fülle an Aromen in die Weine ein, eine lebendige Frucht und ein starkes Volumen.
In der Kellerei arbeiten ca. 20 Mitarbeiter/innen. Von ihrem Gehalt leben entsprechend viele Familien.
Warum Bethlehemwein in Deutschland ?
Immer wieder einmal ist die Frage zu hören, warum man Wein 3000 Kilometer transportieren muss, um ihn in Deutschland zu verkaufen, in einem Land das selbst in Hülle und Fülle hervorragende Weine produziert.
Diese ökologisch animierte Frage wird zu Recht gestellt, so wie in allen Fällen großer Transportwege.
Als im Jahre 2000 Ariel Sharon mit seinem Auftritt auf dem Tempelplatz in Jerusalem, dem Haram as-Sharif in Al Quds, den Auslöser der Zweiten Intifada schuf, schuf er im Letzten auch den Auslöser für den Export des Cremisan-Weines nach Europa. Durch die Intifada und ihre Folgen, insbesondere durch den dann rasch auch einsetzenden Bau der Mauer zwischen Israel und den Besetzten Gebieten kam es dazu, dass für das Kloster der bishin einzige „Markt“, der regionale Markt in Israel und Jordanien zusammenbrach. Die Keller waren voll und der Wein nicht mehr zu verkaufen.
Ohne Weinverkauf aber auch keine Einnahmen. Ohne Einnahmen eine absolute Gefährdung des Klosters und all seiner Einrichtungen.
So kam es im Frühjahr 2004 dazu, dass eine Initiative aus Nazareth, Galiläa, uns animierte über die „grüne Grenze“ zu gehen und die Mönche von Cremisan erstmalig zu treffen, um zu überlegen, wie die existenzgefährdende Erlöslage des Klosters, durch den Export nach Europa gemildert werden könne. Im Laufe des Jahres 2004 wurden dann die Vorbereitungen getroffen, um zu Weihnachten des Jahres erstmals Wein aus Bethlehem in Deutschland verkaufen zu können.
Mit den Jahren, die begleitet waren von vielen schmerzlichen Erfahrungen, sowohl die Zuverlässigkeit und Genauigkeit der Arbeit in Bethlehem betreffend, wie auch die Bürokratie Europas und Deutschlands, hat sich Deutschland und das deutschsprachige Europa zu einem wertvollen und unabdingbar nötigen Partner im Erhalt des Klosters und vor allem der Schulen, entwickelt. 2006 kam eine vergleichbare Unterstützung durch „The Fifth Gospel Retreat“ in England hinzu, was noch einmal das Bestehen in der schwierigen Lage unterstützte.
Inzwischen hat sich die Lage „vor Ort“ leicht verändert. Cremisan kann wieder in Israel verkaufen – oft aber nur unter sehr erschwerten Bedingungen und nur in „Mischgebieten“, also dort, wo der Anteil arabischer Christen besonders hoch ist, z.B. Nazareth. Die Lieferungen „durch die Mauer“ hängen ebenso von der täglich wechselnden Willkür der Soldaten ab, wie der Durchgang eines jeden einzelnen Palästinensers durch die Sperranlagen.
Deshalb halten wir den Verkauf in Europa aufrecht – weil diese Form der Solidarität noch immer dringlich benötigt wird. Auch, weil in Cremisan und in ganz Palästina ständig neue Probleme auftauchen, die in der Summe die erreichten Lösungen oft auch wieder egalisieren. So ist schon vor Jahren ein Teil des Cremsan-Geländes durch den Mauerbau vom Hauptgebäude des Klosters und von der kleinen Weinkellerei getrennt worden, so dass die Mitarbeiter gezwungen waren unter erschwerten Produktionsbedingungen zu arbeiten. Inzwischen hat die gerichtliche Auseinandersetzung um den Verlauf der Mauer extreme Auswirkungen angenommen. Seit nunmehr 10 Jahren versuchen, zusammen mit den beiden betroffenen Klöstern, 58 ebenso betroffene Familien ihr Recht an ihrem Eigentum vor israelischen Gerichten durchzusetzen, unterstützt von der Kirchlichen Rechtsberatung St. Yves. Im Jahre 2016 kam es im Frühjahr dazu, dass der Oberste Gerichtshof in Israel die Militärverwaltung zwang, einen alternativen Verlauf der Mauer einzurichten, um die Klöster nicht von einander zu trennen. Dann, wenige Monate später, anerkannte der Vatikan Palästina als Staat. Daraufhin revidierte der Oberste Gerichtshof sein Urteil aus dem Frühjahr. Im August 2016 wurde mit dem Bau der Mauer im Tal von Cremisan begonnen. Aktuell stoppt er – die Gründe hierfür sind uns nicht bekannt.
Die Menschen hinter dem Wein:
Fadi Batarseh
Önologe