Die Maronitische Kirche
Ein syrisches Kloster gab ihnen den Namen
Die Maroniten sind ein christliches Volk im »Meer des Islam«. Ihr Hauptsiedlungsgebiet ist heute der Libanon. In die schwer zugänglichen libanesischen Berge zwischen Syrien und Palästina, deren schneebedeckte Gipfel über 3000 m hoch aufragen, haben sich die Maroniten seit dem achten Jahrhundert zurückgezogen. Dort hoffte die Gemeinschaft vor Verfolgungen besser geschützt zu sein.
Ihr Stammland liegt in Nordsyrien. Als »Geburtsort« gilt das um 925 zerstörte Großkloster Beth Maron (Morun). Es lag südöstlich von Antiochien, unweit des antiken Apamea (heute:Qal’at al-Madiq), einst Hauptstadt der römischen Provinz Syria secunda. Die dortige Mönchskolonie verehrte den heiligen Priestermönch und Einsiedler Maron (nach 410) als Stifter und geistlichen Vater. Maron (syr.: Morun; arab.: Marun) war ein Landsmann und Zeitgenosse des hl. Johannes Chrysostomus (+407). Dieser kannte den berühmten syrischen Anachoreten persönlich. Ein von ihm im Jahre 405 aus dem Exil im Kaukasus an »Maron den Priester und Einsiedlermönch« gerichteter Brief ist uns überliefert (vgl. PG 52, 630). Bischof Theodoret von Kyros (+ um 466) berichtet in seiner Mönchsgeschichte von Maron, er habe unter freiem Himmel in der Nähe eines heidnischen Tempels gelebt. Das pagane Heiligtum habe er zu einer Kirche umgestaltet. Wegen seiner Heil- und Wunderkraft hätten ihn die Menschen in Scharen aufgesucht. Auch muss Maron zahlreiche Schüler um sich gesammelt haben. Einige von ihnen kannte Theodoret persönlich und hat ihr strenges Asketenleben in seiner »Historiareligiosa« geschildert (vgl. PG 82,1418-1455. 1491-1496).
Die Mönche des Klosters vom hl. Maron traten in den innerkirchlichen Auseinandersetzungen des 5. Jahrhunderts, die im Patriarchat von Antiochien mit besonderer Heftigkeit ausgetragen wurden, entschieden für das Christusbekenntnis des Konzils von Chalkedon (451) ein. Ihr Kloster galt als Bollwerk der Rechtgläubigkeit. Um dieses spirituelle Zentrum sammelten sich gleichgesinnte aramäischsprachige Christen, die in der Folgezeit nach dem Klostergründer den Namen Maroniten erhielten. Sie setzten sich durch ihr Bekenntnis zum Christusglauben der ersten vier ökumenischen Konzilien von der monopysitisch orientierten Mehrheit ihrer Mitchristen in Syrien ab.
Die religiösen Differenzen im Patriarchat von Antiochien führten bald zu Verfolgungen der maronitischen Gemeinschaft. Diese behauptete sich aber zunächst in ihrem Stammland und konnte ihre Siedlungen westlich des Orontes nach Süden noch ausdehnen. Nach der Eroberung Syriens durch die Araber (634/37) verschlechterte sich aber die Lage der Maroniten. Sie wurden nun nicht mehr nur von ihren christlichen Gegnern, den Monophysiten und Melkiten, bedrängt, sondern auch von den neuen Herrschern islamischen Glaubens. Zunehmende Gewalttätigkeiten, zuletzt die blutige Verfolgung unter dem Kalifen al-Ma’mun ibn Harun ar-Raschid (813-833), zwangen die maronitischen Christen in die unwegsamen Berge des Libanon abzuwandern. Sie sammelten sich um ihr geistliches Oberhaupt, den Patriarchen, der um 939 seine Residenz in den Libanon verlegte. Das Leben des Volkes wurde nachhaltig von der Spiritualität seiner stets hochangesehenen Mönche geformt. In der Abgeschiedenheit der engen Bergtäler des Libanon bewahrten die Maroniten ihr kulturelles Erbe, vor allem ihre antiochenisch-syrische Liturgie. Ihr Patriarch führt noch immer den Titel des einstigen kirchlichen Zentrums im syrischen Mutterland. Er nennt sich: »Maronitischer Patriarch von Antiochien und dem ganzen Orient«. Seit 1986 bekleidet Patriarch Nasrallah Boutros (Petrus) Sfeir dieses Amt. Papst Johannes Paul II. hat ihn 1994 in das Kardinalskollegium berufen.
(Quelle: Andreas Heinz, Die Hl. Messe nach dem Ritus der Syrisch-maronitischen Kirche, 1996, Trier;)
Eine katholische Ostkirche
Die Syrisch-Maronitische Kirche ist die einzige orientalische Kirche, die als ganze in voller Gemeinschaft mit der Kirche von Rom steht. Die Maroniten sind Katholiken. Sie sind stolz darauf, Glieder der »einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche« zu sein. An ihrer Romverbundenheit und Papsttreue lassen sie keinen Zweifel aufkommen.
Nach Auffassung der maronitischen Kirchenhistoriker war die Glaubensgemeinschaft ihrer Kirche mit Rom nie unterbrochen. Es gab jedoch über Generationen hinweg kaum noch Kontakte zwischen den syrischen Christen im vorderen Orient und ihren Glaubensbrüdern und -Schwestern im lateinischen Westen. Das änderte sich, als gegen Ende des 11. Jahrhunderts die Kreuzfahrer im Osten erschienen. Nach siebeneinhalbmonatiger Belagerung eroberten die Ritter aus dem Abendland am 3. Juni 1098 Antiochia am Orontes, die alte Hauptstadt Syriens. Im Januar 1099 brach das Kreuzfahrerheer auf und zog entlang der libanesischen Küste bis Jerusalem. Die heilige Stadt wurde nach sechswöchiger Belagerung am 15. Juli 1099 eingenommen. Gottfried von Bouillon (die Stammburg liegt in den Ardennen) wurde nach der Befreiung des Heiligen Grabes zum ersten christlichen Herrscher von Jerusalem gekürt. Bescheiden nannte er sich »Vogt des Heiligen Grabes«. Erst sein ihm in der Herrschaft folgender Bruder Balduin I. (1100-1118) ließ sich in der Geburtsbasilika von Bethlehem am Weihnachtsfest des Jahres 1100 zum König von Jerusalem krönen.
Ein wichtiger Programmpunkt seiner erfolgreichen Politik im Heiligen Land war die Ansiedlung und Förderung von orientalischen Christen in Jerusalem und in dem von den Kreuzfahrern beherrschten Umland.
Die Maroniten unterstützten von Anfang an nach Kräften die Ritter aus dem Abendland, die gekommen waren, um das Heilige Grab aus den Händen der Muslime zu befreien. Im Jahre 1181 vollzog der Maronitische Patriarch mit dem gesamten Klerus und Volk den förmlichen Anschluß an die katholische Kirche. Der damalige lateinische Erzbischof Wilhelm von Tyrus (+ 1186) berichtet über dieses Ereignis in seiner Kreuzzugschronik.
Zur Zeit des Konzils von Trient (1545-1563) verstärkten sich neuerlich die Austauschbeziehungen zwischen Rom und der Maronitischen Kirche. Papst Gregor XIII. gründete 1584 das Maronitische Kolleg in Rom, das in der Folgezeit die Führungskräfte dieser katholischen Ostkirche ausbildete. Das führte zu einer verstärkten Latinisierung des gesamten kirchlichen Lebens. Insbesondere setzte nach der maronitischen Generalsynode des Jahres 1736, dem von dem päpstlichen Legaten Joseph-Simon Assemani präsidierten Nationalkonzil auf dem Berg Libanon, eine rigorose Angleichung an die römische Observanz ein. Der zunehmende lateinische Einfluß wirkte sich nicht zuletzt auf die westsyrische Eigenliturgie der Maroniten aus. Sie überlebte in der nachtridentinischen Ära, die vom zweifelhaften Ideal einer römischen Welteinheitsliturgie bestimmt war, nur als »romanisierte Adaptation des westsyrischen Ritus« (L. Eisenhofer).
(Quelle: Andreas Heinz, Die Hl. Messe nach dem Ritus der Syrisch-maronitischen Kirche, 1996, Trier;)
Der syrisch-maronitische Ritus
Die Geschichte der maronitischen Eigenliturgie ist noch zu wenig erforscht, als dass sich ihre Entstehung und Entwicklung lückenlos nachzeichnen ließe. Wenn die Maroniten neuerdings ihren Ritus bewusst »syrisch-maronitisch« nennen, wollen sie damit seine Verwurzelung im gemeinsamen Erbe aller syrischen Kirchen unterstreichen. Auf ursprüngliche Austauschbeziehungen mit den Ostsyrern weisen auffällige Gemeinsamkeiten hin, die zwischen der archaischen ostsyrischen Anaphora der »Apostel Addai und Mari« und der altmaronitischen »Dritten Anaphora des heiligen Petrus«, nach ihren Anfangsworten »Charar« (»Bestätigte«) genannt, unschwer zu entdecken sind. Trotz der dogmatischen Divergenzen zwischen den Maroniten und den monophysitischen »Jakobiten« gab es weiterhin Kontakte in der liturgischen Praxis. Die Maroniten teilten mit den von der Reichskirche getrennten Westsyrern das ursprünglich gemeinsame liturgische Erbe, ließen sich aber auch von neugeschaffenen euchologischen und hymnischen Texten der »Jakobiten« bereichern. Alle Kirchen syrischer Tradition schöpfen aus dem großartigen, ihnen in vielen Teilen gemeinsamen Schatz liturgischer Poesie. In Syrien stand die Wiege der christlichen Hymnographie. Edessa (heute: Urfa in der Osttürkei) war ihr erstes Zentrum. Seit dem 4. Jahrhundert beeinflusste die damals führende syrische Hymnendichtung auch das liturgische Leben jenseits des aramäisch-syrischen Kulturraums. Manches spricht dafür, dass auch Ambrosius von Mailand (+ 397), der »Vater des lateinischen Kirchengesanges« (G. M. Dreves), sich vom Beispiel der Syrer hat anregen lassen.
Außer im Bereich des liturgischen Gesangs bestand von jeher eine weitgehende Gemeinsamkeit hinsichtlich der Art, wie »Jakobiten« und Maroniten Eucharistie feiern. Beide Kirchen stehen in der antiochenischen Tradition, zu der auch die byzantinische Liturgie zählt. Die Übereinstimmungen in der Struktur der Messfeier treten neuerdings, nach der Beseitigung von nachträglich eingeführten »Latinismen« aus der maronitischen Messe, wieder stärker hervor. Viele der überaus zahlreichen Hochgebetsformulare (mehr als 70 sind bekannt) wurden und werden von orthodoxen Syrern und Maroniten gleichermaßen benutzt. Dies gilt etwa für die »Anaphora des heiligen Jakobus, des Herrenbruders« oder für die heute bei den Maroniten am häufigsten gebrauchte »Anaphora der Zwölf Apostel«. Alle weisen den gleichen Aufbau auf: Lobpreis Gottes, der in den Gesang des Sanctus mündet; Gedächtnis des Heilswerks Christi mit dem besonders hervorgehobenen Einsetzungsbericht und dem Ausblick auf die Vollendung der Erlösung bei seinem »Zweiten Kommen«; Epiklese, die den Heiligen Geist zur »Überschattung« der Gaben herabruft. Daran schließen sich Fürbitten an, die alle Stände der Kirche umfassen und auch ihre schon vollendeten Glieder, die Heiligen und Gerechten, sowie die Verstorbenen in das Gedenken vor Gott einbeziehen.
Dem Eucharistischen Hochgebet vorangestellt ist der Friedensritus. Von besonderem Gewicht ist in der syrischen Tradition die auf das Hochgebet folgende Brechung des eucharistischen Brotes, die Konsignation des Kelches und die Mischung der Gestalten. Die Symbolhandlung stellt das Erlösungsgeschehen von Tod, Auferstehung und Verherrlichung Christi in heiligen Zeichen dar und macht bewusst, dass es der Leib und das Blut des lebendigen Herrn sind, die den Gläubigen in der Kommunion gereicht werden. Diesen Ritus haben die Syrer auch anderen Liturgien vermittelt. In die römische Messe dürfte er, verbunden mit dem Begleitgesang des Agnus Dei, unter Papst Sergius I. (687-701), einem Syrer, Eingang gefunden zu haben.
Seit der Kreuzfahrerzeit ist es dann der lateinische Einfluss, der die Liturgie der Maroniten zunehmend verändert und deren authentische Eigenprägung überlagert und entstellt. Herausgekommen ist dabei ein Mischritus, der syrische und abendländische Überlieferungselemente miteinander verbindet. Der maronitische Gottesdienst in seiner bis in die jüngste Vergangenheit üblichen Gestalt war volksnah und von frommer Begeisterung getragen. Trotzdem konnte es auf Dauer nicht dabei bleiben, dass aus Europa importierte Frömmigkeitsformen oft als wichtiger erlebt wurden als wertvolle, verfremdete oder ganz in Vergessenheit geratene Stücke des eigenen spirituellen und liturgischen Erbes. Jeder Einsichtige konnte nur wünschen, dass die Maroniten sich eines Tages selber daran machen würden, ihre liturgische Praxis zu reformieren. Eine solche Reform des maronitischen Ritus ist nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil erfreulicherweise in Gang gekommen und zeitigt, wie noch zu zeigen sein wird, nunmehr die ersten Früchte.
(Quelle: Andreas Heinz, Die Messe nach dem Ritus der Syrisch-maronitischen Kirche, 1996, Trier;)
Eine Kirche apostolischen Ursprungs
Trotz ihrer ausgeprägten Anpassungsbereitschaft an römisches Denken und römischen Brauch haben die Maroniten die aramäisch-syrischen Ursprünge ihrer Eigentradition nicht vergessen. Sie werden neuerdings sogar wieder bewusster gesucht und freigelegt. Es gibt so etwas wie ein Wiederaufleben des syrischen Erbes unter den Christen im Nahen Osten, namentlich unter den Maroniten. Diese besinnen sich selbst darauf und erinnern ihre islamischen Mitbürger daran, dass vor der arabisch-islamischen Eroberung Palästinas und Syriens (ab 634) diese Gebiete christliche Kulturlandschaften waren. Die christliche Präsenz im Nahen Osten reicht weit in die vorislamische Zeit zurück. So ist es nur recht und billig, wenn die heutigen Christen in den arabischen Ländern von ihren Regierungen nicht nur Duldung, sondern ein gesichertes Daseinsrecht und Zukunftsperspektiven erwarten. Sie haben in den Dörfern und Städten Syriens, Ägyptens, des Irak, Jordaniens, Palästinas, Israels, im Libanon und im Osten der Türkei schließlich uraltes Heimatrecht. Sie sind die wahren Nachfahren der ältesten aramäischsprachigen Christengemeinden. Die arabische Sprache nennt sie denn auch »Süryani«, also Syrer im eigentlichen Sinn. Ihre Wurzeln reichen zurück bis in das Judenchristentum der apostolischen Zeit. Ihr kirchlicher Vorort war Antiochia am Orontes.
Heute heißt das antike Antiochia Antakya (Antakije). Die einst bevölkerungsstärkste Stadt im Osten des Römischen Reiches ist zu einer wenig anziehenden Provinzstadt im Bezirk Hatay (Türkei) an der türkisch-syrischen Grenze herabgesunken. An die Anfänge des Christentums in Antiochien am Orontes erinnert nur noch die Höhlenkirche des heiligen Petrus am Stadtrand. Mag sie auch historisch nicht authentisch sein; eine stimmungsvolle Gedenkstätte ist die Petrusgrotte allemal. Pilgergruppen sammeln sich in der Felsenkirche gelegentlich zur Eucharistiefeier um den schlichten Altar. In der Stadt, in der die Jünger Jesu zum ersten Mal Christen genannt wurden (vgl. Apg 11,26), ist das Christentum heute fast gänzlich erloschen. Dabei waren die Anfänge der Gemeinde von Antiochia in Syrien vielversprechender als in jeder anderen Stadt des römischen Imperiums.
Über die Entstehung der dortigen Christengemeinde berichtet die Apostelgeschichte (vgl. Apg. 11, 19-30): »Bei der Verfolgung, die durch Stephanus entstanden war, kamen die Versprengten bis nach Phönizien, Zypern und Antiochia; doch verkündeten sie das Wort nur den Juden. Einige aber die aus Zypern und Zyrene stammten, verkündeten, als sie nach Antiochia kamen, auch den Griechen das Evangelium von Jesus, dem Herrn. Die Hand des Herrn war mit ihnen und viele wurden gläubig und bekehrten sich zum Herrn.«
Als die Urgemeinde in Jerusalem vom Aufblühen dieser neuen Gemeinde in Antiochien hörte, schickte sie als ihren Verbindungsmann Barnabas dorthin. Dieser holte sich bald Saulus aus Tarsus dazu. Zusammen wirkten sie »ein volles Jahr lang« (Apg 11,26) in Antiochien. Die junge Gemeinde unterstützte hochherzig die bedürftigen Mitchristen der Jerusalemer Urgemeinde. Barnabas und Paulus überbrachten persönlich die Spendengelder. Als sie aus Jerusalem zurückkehrten, hatten sie Johannes Markus dabei, den späteren Evangelisten (Apg 12,24). Von Antiochien brach er zusammen mit Paulus und Barnabas zur ersten Missionsreise nach Zypern und Kleinasien auf. Und in Antiochien war es, wo sie nach ihrer Rückkehr Gott dankten, »dass er auch den Heiden die Tür zum Glauben geöffnet hatte« (Apg 14.27).
In Antiochia gewann die junge Kirche ihre weltkirchliche Weite. Paulus formte diese Gemeinde. Auch Petrus hat dort eine gewisse Zeit gelebt (vgl. Gal 2,11-21). Dort fand jene spannungsgeladene Auseinandersetzung zwischen den beiden »Apostelfürsten« statt. Der »antiochenische Streitfall« endete damit, dass Kephas Paulus zustimmte und die aus dem Heidentum gekommenen Christen sich nicht den Vorschriften des mosaischen Gesetzes unterwerfen mussten. Nach der Tradition der syrischen Kirchen war Simon Petrus, der erste unter den Aposteln, auch der erste Patriarch von Antiochien. Deshalb haben die Maronitischen Patriarchen den Brauch, ihrem Eigennamen jeweils den Namen Petrus (arab.: Boutros) hinzuzufügen.
(Quelle: Andreas Heinz, Die Messe nach dem Ritus der syrisch-maronitischen Kirche, 1996, Trier;)
Große Gestalten der syrischen Kirche
Die Kirche von Antiochia in Syrien hat in nachapostolischer Zeit eindrucksvolle Glaubenszeugen hervorgebracht. Unter ihnen ragt der Märtyrerbischof Ignatius hervor. Zu den kostbarsten Schätzen der patristischen Literatur gehören die sieben erhaltenen Briefe, die Ignatius von Antiochien unterwegs, auf dem Transport zu seiner Hinrichtung in Rom (um 110), an die Kirchen in Kleinasien geschrieben hat. Sie »enthalten Glauben und Geduld und alle auf unseren Herrn bezügliche Erbauung« (Bischof Polykarp von Smyrna). Hinter ihnen steht eine von mystischer Christusliebe und Sehnsucht nach dem Martyrium erfüllte tiefreligiöse Persönlichkeit. Was muss das für eine lebendige Gemeinde gewesen sein, der ein solcher Bischof vorstand!
Unter den großen Kirchenmännern der späteren Zeit, die aus der syrischen Kirche hervorgegangen sind oder in ihr gewirkt haben, seien nur Cyrill von Jerusalem (+386) und Johannes Chrysostomus (+ 407) genannt. Sie haben allerdings griechisch gepredigt und Gottesdienst gefeiert. Griechisch war die Verkehrssprache in dem Vielvölkergemisch der großen Städte im Osten des Imperium Romanum. In der Stadt Antiochia war denn auch das Griechische die übliche liturgische Sprache. Aber jenseits der Stadtmauern, im nahen und weiten Umland, sprach das Volk aramäisch. Aramäisch war außerhalb Antiochiens die Sprache des Gottesdienstes. In dieser Sprache hat Ephräm der Syrer (+ 373) gelehrt und gedichtet. Er gilt als der Klassiker der syrischen Kirche. Viele seiner großartigen Hymnen sind zu liturgischen Gesängen geworden. Auch die Maronitische Kirche hat wertvolle Stücke dieses Erbes bis heute in ihrem Gottesdienst bewahrt. Die Mönche singen die alten Gesänge noch in der Originalsprache. Es ist das Altsyrische, eine Variante des Aramäischen, wie man es zu Lebzeiten Ephräms in Edessa gesprochen hat. Die syrischen Christen sind stolz darauf, dass in ihren Kirchen bis heute die Sprache erklingt, die Jesus gesprochen und in der seine Jünger gebetet und sein Evangelium verkündigt haben.
Innere Streitigkeiten und äußere Bedrängnisse
Die Ostsyrer
Das Patriarchat von Antiochien wurde im 5. Jahrhundert voll von den damaligen christologischen Auseinandersetzungen erfasst. Nach dem Konzil von Ephesus (431) fand die dort verurteilte Lehre des Nestorius, des aus Antiochien stammenden abgesetzten Erzbischofs von Konstantinopel, weiterhin Gefolgsleute in der ostsyrischen Kirche. Ihr geistiges Zentrum hatte sie, nachdem Nisibis (türkisch: Nussaybin) 363 an die Perser gefallen war, in Edessa (türkisch: Urfa). Die Ostsyrer Mesopotamiens lösten sich 424 aus dem Patriarchatsverband von Antiochien und konstituierten sich 484 auf dem Konzil von Beth Laphat als unabhängige Kirche im Perserreich, von Außenstehenden als »Nestorianische Kirche« bezeichnet. Das kirchliche Zentrum lag in Seleukeia-Ktesiphon am Tigris. Die Ostsyrer haben das Christentum mit einem bewundernswerten missionarischen Elan bis Indien und China verbreitet. Wohl schon im 7. Jahrhundert erreichten ostsyrische (nestorianische) Missionare China. An der Südküste Indiens zeugen bis heute die Thomas-Christen mit ihrer syrischen Liturgietradition vom einst weit nach Osten reichenden Einfluss der ostsyrischen Kirche. An ihrer Spitze stand von 1282 bis 1317 sogar ein in der Nähe von Peking geborener, turkstämmiger Mönch als Patriarch Yahbalaha III. Über zweihundert Bistümer in 25 Kirchenprovinzen soll damals die von ihm geleitete Kirche gezählt haben.
Doch auf die Blütezeit des ostsyrischen Christentums zu Beginn des 13. Jahrhunderts folgte seine fast völlige Vernichtung am Ende des gleichen Jahrhunderts durch den islamischen Mongolenherrscher Timur Leng (1370-1405). Die heute etwa zur Hälfte katholischen (Chaldäer) und zur anderen Hälfte mcht-unierten, orthodoxen Ostsyrer im Stammgebiet (Irak und Iran), im Libanon, Syrien, Indien und in der Diaspora (hauptsächlich USA) zählen zusammen nur noch wenig mehr als eine Million Gläubige. Die Orthodoxen zerfallen zudem in zwei Gruppen, von denen jede ihren eigenen Katholikos (in USA bzw. im Irak) hat.
Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil wächst auf beiden Seiten der Wunsch, bald die volle Gemeinschaft zwischen der Römisch-Katholischen Kirche und der »Assyrischen Kirche des Ostens« wiederherzustellen.
Während des letzten Jahrzehnts fanden intensive Gespräche statt, die zur weitgehenden Überwindung der Zweideutigkeiten und Missverständnisse der Vergangenheit führten. Am 11. November 1994 unterzeichneten Papst Johannes Paul II. und der Katholikos und Patriarch der Assyrischen Kirche des Ostens, Mär Dinkha IV., im Vatikan eine gemeinsame Erklärung. In ihrem Schlussteil heißt es: »Wir danken Gott, dass er uns neu entdecken ließ, was uns bereits im Glauben und in den Sakramenten eint, und verpflichten uns, alles uns Mögliche zu tun, um jene Hindernisse aus der Vergangenheit zu beseitigen, die das Erreichen der vollen Gemeinschaft zwischen unseren Kirchen noch verhindern, damit wir besser dem Ruf des Herrn zur Einheit der Seinen entsprechen.« Eine gemischte Kommission hat die Arbeit aufgenommen, die letzte Hindernisse beseitigen soll, die der Wiederherstellung der vollen Gemeinschaft noch im Wege stehen.
Die Westsyrer
Die Maroniten gehörten ursprünglich zu jenem Teil der syrischen Christen, der bis zur arabisch-islamischen Invasion innerhalb der Grenzen des oströmischen Reiches und des Patriarchats von Antiochien verblieb. In diesem westsyrischen Bereich kam es infolge des Konzils von Chalkedon (451) zu einer bis heute andauernden Spaltung. In Chalkedon (heute: Istanbul/Kadiköy) hatten die dort versammelten Bischöfe Übereinstimmung in der kontrovers diskutierten Frage nach dem Verhältnis der göttlichen und der menschlichen Natur in Christus erreicht. Der orthodoxe Glaube fand seinen Ausdruck in dem Bekenntnis, dass in der einen Person Jesu Christi, des einzigen Sohnes Gottes, zwei Naturen zusammenkommen »vollständig der Gottheit und vollständig der Menschheit nach … unvermischt, ungetrennt und ungesondert.«
In Syrien formierte sich gegenüber diesem chalkedonensischen Christusbekenntnis eine monophysitische (den Vorrang der Gottheit in Christus betonende) Abwehrfront. Ähnlich wie in Persien hatte die Distanzierung von der dogmatischen Position der Reichskirche aber auch in Syrien nicht nur religiöse Gründe. Im Monopysitismus artikulierten sich die Emanzipationsbestrebungen der aramäischsprachigen Syrer. Sie wollten sich aus der Bevormundung durch die Byzantiner lösen. Die Araber, die knapp zwei Jahrhunderte später (ab 634) der byzantinischen Herrschaft in Syrien endgültig ein Ende machten, wurden von den syrischen Christen zunächst als Befreier von »den römischen (=byzantinischen) Verfolgern« begrüßt.
Die in Opposition zum oströmischen Kaiser und zum Patriarchen von Konstantinopel stehenden syrischen Monophysiten erhielten in dem Patriarchen Severos von Antiochien (512-518) eine geistige Führerpersönlichkeit von hohem Rang. Einen Meister der liturgischen Hymnendichtung hatten sie in Jakob von Serugh (451-521), den die Syrer bewundernd »Flöte des Heiligen Geistes« und »Harfe der orthodoxen Kirche« nennen. Von nachhaltigem Einfluss war auch der von Kaiserin Theodora geförderte Bischof von Edessa Jakob Baradai (+ 578). Nach ihm wurden die Antichalkedonenser des Patriarchats von Antiochien später, wenig glücklich, als »Jakobiten« bezeichnet.
Von der einst blühenden Kirche ist nach der langen islamischen Herrschaft nur noch ein Schatten ihrer selbst übrig geblieben. Seit 1293 residierte der Patriarch nicht mehr in Antiochien, sondern im Kloster Der Es Zafaran bei Mardin in der heutigen Ost-Türkei. Dort, im abgelegenen Bergland des Tur Abdin (Berg der Gottesknechte), lebten zu Anfang dieses Jahrhunderts in einem geschlossenen Siedlungsgebiet noch etwa 100.000 syrische Christen. Während des Ersten Weltkriegs, als die Armenier im Osmanischen Reich zu Hunderttausenden umgebracht wurden, ereignete sich auch an den christlichen Syrern ein »vergessener Völkermord«. Doch bis vor wenigen Jahren behauptete sich um das Kloster Mor Gabriel im Tur Abdin eine christliche Insel im islamischen Anatolien. Sie scheint keine Zukunft mehr zu haben. Seit das Gebiet zum Schauplatz blutiger Auseinandersetzungen zwischen den kurdischen Kämpfern der PKK und den türkischen Sicherheitskräften geworden ist, sehen die syrischen Christen für ihre Familien dort kaum noch Überlebenschancen. Die Assyrer, wie sie sich selbst nennen, drohen endgültig zwischen den Mühlsteinen des kurdisch-türkischen Terrors ausgelöscht zu werden. So verlassen die letzten von ihnen nach und nach »den Berg der Gottesknechte.« Als Asylanten suchen sie Zuflucht in Westeuropa, vornehmlich in Deutschland. Der syrisch-orthodoxe Patriarch hat 1959 seinen Sitz nach Damaskus verlegt. Seit 1980 ist Seine Heiligkeit Mor Ignatius Zakka I. das Oberhaupt dieser hart geprüften Kirche. Die Zahl der Gläubigen wird von der Syrisch-Orthodoxen Kirche selbst auf etwa 2,5 Millionen beziffert, dürfte aber wohl niedriger liegen. Mehr als eine Million von ihnen leben in Südindien. Ein Teil der dortigen syrischen Christen hatte sich 1665 der Jurisdiktion des syrischen Patriarchen von Antiochien unterstellt. Im Nahen Osten finden sich syrisch-orthodoxe Gemeinden in Syrien, im Irak, im Libanon, in Jordanien, in Palästina, in Ägypten und in der Osttürkei. Für die Emigranten in Westeuropa ist das syrisch-orthodoxe St. Ephräm-Kloster, dicht an der deutsch-niederländischen Grenze bei Gronau (Westfalen) gelegen, ein wichtiges spirituelles Zentrum. Dort haben die aus dem Tur Abdin ausgewanderten Syrer eine repräsentative Kathedrale errichtet, die am 14. August 1994 durch Patriarch Mor Ignatius Zakka I. eingeweiht wurde. Auch in Nord- und Südamerika leben zahlreiche syrische Christen.
Die Evangelische Kirche in Deutschland unterstützt in vorbildlicher Solidarität diese orientalische Schwesterkirche. Nachdem zwei Priesterseminare in der Türkei geschlossen werden mussten, haben syrisch-orthodoxe Priesteramtskandidaten in katholischen Priesterseminaren verschiedener deutscher Bischofsstädte gastliche Aufnahme gefunden. Beide große Kirchen in Deutschland setzten sich für die von Abschiebung bedrohten syrischen Christen aus der Türkei ein. Für deren schwierige Situation zeigen die zuständigen staatlichen und kommunalen Stellen oft zu wenig Verständnis.
Die Beziehungen zwischen dem syrisch-orthodoxen Patriarchat von Antiochien und der römisch-katholischen Kirche haben sich seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil so günstig entwickelt, dass die Kirchengemeinschaft in gegenseitigem Einvernehmen fast völlig wiederhergestellt ist. Am 23. Juni 1984 unterzeichneten Papst Johannes Paul II. und der derzeitige syrischorthodoxe Patriarch von Antiochien eine Erklärung zu gegenseitigen pastoralen Hilfen. Sie erlaubt den Empfang der Sakramente der Beichte, der Eucharistie und der Krankensalbung bei einem Priester der jeweiligen Schwesterkirche. Die Deutsche Bischofskonferenz hat daraus in einem am 24. Januar 1994 gefassten Beschluss Konsequenzen gezogen. Sie ermutigt die katholischen Priester, mit ihren syrisch-orthodoxen Mitbrüdern freundschaftlichen Kontakt zu pflegen. Die Gläubigen sind, soweit sie dies wünschen, zur Mitfeier des katholischen Gottesdienstes und zum Empfang der Sakramente eingeladen. So werden in der Seelsorge endlich die notwendigen Schritte zueinander getan, die geboten sind, nachdem der ökumenische Dialog gezeigt hat, dass die christologischen Streitpunkte von einst gegenstandslos geworden sind.
Ein Teil der westsyrischen Christen haben seit 1662 volle Gemeinschaft mit der römisch-katholischen Kirche. Sie sind in der syrisch-katholischen Kirche organisiert, deren Oberhaupt seit 1968 Patriarch Ignatius Antonius II. Hayek ist. Er residiert in Beirut. Die Gesamtzahl der Gläubigen wird auf ca. 90.000 geschätzt. Die Beziehungen zur syrisch-orthodoxen Schwesterkirche sind gut.
Die Maroniten
Der Streit um den rechten Glauben über Jesus Christus spaltete im 5. Jahrhundert die verschiedenen christlichen Richtungen in Syrien. Nach dem Konzil von Chalkedon (451) standen sich kämpferisch und unversöhnlich im Patriarchat von Antiochien die Mehrheitspartei der Monophysiten und die Minderheit der Anhänger der Lehre von Chalkedon gegenüber. Zu den letzteren gehörten die Mönche des Klosters vom hl. Maron. Dieser Stützpunkt der Konzilsverteidiger muss für ganz Syrien von großer Bedeutung gewesen sein. Kaiser Markianos (450-457) ließ das Maron-Kloster 452 vergrößern. Der monophysitische Patriarch Severos von Antiochien ließ die Mönche dieser Festung der Orthodoxie seinen Zorn spüren. 517 töteten seine »reißenden Hunde« 350 von ihnen. Den Gedenktag dieser Märtyrer begeht die Maronitische Kirche am 31. Juli. Kaiser Justinian (527-565) schenkte dagegen dem Kloster seine Gunst. Als Kaiser Heraklios die Perser besiegt hatte, kehrte er im Beth Morun ein und hinterließ reiche Geschenke (um 628). Nach der arabischen Eroberung Syriens blühte das klösterliche Leben noch bis um die Mitte des 9. Jahrhunderts. Ob die Mönche des Maron-Klosters nach dem sechsten Ökumenischen Konzil von Konstantinopel (680-681), das den Monotheletismus verurteilte, eine monotheletische Christologie vertraten, ist umstritten. Auf jeden Fall wollten die Maroniten zu allen Zeiten rechtgläubig sein und bleiben.
Als infolge der Perser- und Arabereinfälle die Reihe der orthodoxen Patriarchen von Antiochien abbrach und in Syrien nur mehr die monophysitische Hierarchie sich behauptete, gingen die Maroniten dazu über, einen eigenen Patriarchen aus ihren Reihen zu wählen. Die Ursprünge des Maronitischen Patriarchats dürften bis in die erste Hälfte des 8. Jahrhunderts zurückreichen. Eine ruhige Entwicklung war der Gemeinschaft in ihrer syrischen Heimat aber nicht mehr vergönnt. Bedrängt von den christlichen Gruppen der Monophysiten und der maximitischen Melkiten und verfolgt von den Muslimen unter Kalif Al-Ma’amun (813-833) blieb kein anderer Ausweg als die Abwanderung in die Berge des Libanon und die Emigration nach Zypern. In der Abgeschiedenheit tiefeingeschnittener Bergtäler bewahrten sie ihr Volkstum und die westsyrische Liturgie mit dem Altsyrischen (Aramäischen) als Gottesdienstsprache. Der Patriarch war und ist nicht nur geistliches Oberhaupt der Maronitischen Kirche. Als »Vater der Nation« wird sein Rat gesucht und gehört in allen die Volksgruppe betreffenden wichtigen Fragen. Auch im modernen Libanon hat sein Wort Gewicht. Das staatliche Fernsehen hat dem Patriarchen eine feste Sendezeit eingeräumt: An jedem Sonntagabend kann er zu allen aktuellen Fragen des Landes Stellung nehmen.
Der Patriarch der Maronitischen Kirche
Béchara Butrus Kardinal Raï OMM, * 25. Februar 1940 in Himlaya, ist Maronitischer Patriarch von Antiochien und des ganzen Orients.
Béchara Raï trat nach seiner Schulzeit am Kolleg Notre-Dame in Louayzé in den Mariamitischen Maroniten-Orden der seligen Jungfrau Maria ein. Er studierte Philosophie und Katholische Theologie an der Päpstlichen Lateranuniversität in Rom.
Raï empfing am 3. September 1967 das Sakrament der Priesterweihe. Er wurde an der Päpstlichen Lateranuniversität im Fach Kirchenrecht promoviert. Zudem erwarb er ein Lizenziat im Fach Katholische Theologie. Béchara Raï war Direktor des Scholastikats des Mariamitischen Maroniten-Ordens der seligen Jungfrau Maria in Rom. Er gründete das Institut für Fremdsprachen in Louayzé. Anschließend war Raï Direktor der Schule Santa Rita in Dbayé und Richter am patriarchalen Kirchengericht.
Am 2. Mai 1986 wurde Béchara Raï zum Titularbischof von Caesarea Philippi ernannt und zum Weihbischof im Maronitischen Patriarchat von Antiochia bestellt. Die Bischofsweihe spendete ihm am 12. Juli 1986 der Maronitische Patriarch von Antiochien und des ganzen Orients, Nasrallah Pierre Sfeir; Mitkonsekratoren waren die Weihbischöfe im Maronitischen Patriarchat von Antiochia, Roland Aboujaoudé und Georges Abi-Saber OLM, sowie der Bischof der Eparchie Jounieh, Chucrallah Harb, der Erzbischof der Erzeparchie Zypern, Joseph Mohsen Béchara, der Erzbischof der Erzeparchie Beirut, Khalil Abi-Nader, der emeritierte Erzbischof der Erzeparchie Beirut, Ignace Ziadé, der Erzbischof der Erzeparchie Tripoli, Antoine Joubeir, der emeritierte Erzbischof der Erzeparchie Zypern, Elie Farah, der Bischof der Eparchie Kairo, Joseph Merhi CML, und der Bischof der Eparchie Sidon, Ibrahim Hélou. Am 9. Juni 1990 wurde Béchara Raï zum Bischof der Eparchie Jbeil ernannt.
Am 15. März 2011 wurde Béchara Raï von der Synode der Maroniten in Bkerke zum Maronitischen Patriarch von Antiochien und des ganzen Orients gewählt und nahm, wie bei maronitischen Patriarchen üblich, zusätzlich den Namen Butrus (Petrus) in seinen Namen auf. Zudem wurde er Bischof der Eparchie Joubbé, Sarba und Jounieh. Die Amtseinführung fand am 25. März 2011 statt. Am selben Tag gewährte ihm Papst Benedikt XVI., wie im CCEO vorgesehen, in einem persönlichen Schreiben die kirchliche Gemeinschaft (communio).
Im feierlichen Konsistorium vom 24. November 2012 nahm ihn Benedikt XVI. als Kardinalbischof in das Kardinalskollegium auf.
Der Patriarch spricht neben Arabisch auch Französisch, Englisch, Spanisch und Italienisch.
Mehr als 15.000 Gläubige waren in das libanesische Bkerké gereist, als Bechara al-Rai am 25. März 2011 feierlich in das Amt des Patriarchen der mit Rom unierten maronitischen Ostkirche eingeführt wurde. Der Patriarch der Ostkirche ist nicht nur Geistlicher, er muss auch ein Diplomat sein. Die maronitische Gemeinschaft zählt weltweit etwa fünf Millionen Mitglieder, von denen eine Million im Libanon lebt, weitere 500.000 Gläubige sind in Syrien ansässig. Die Mehrheit der Maroniten aber hat den Orient längst verlassen und sich beispielsweise in Nordamerika niedergelassen. Denn in großen Teilen der arabischen Welt stehen die Christen mit dem Rücken zur Wand, der „arabische Frühling“ hat die Situation noch unberechenbarer gemacht.
Die Heiligen der Maronitischen Kirche:
> St. Maroun
Der Heilige Maroun († 410), war ein christlicher Eremit und Priester im Orient. Er wurde zum Namensgeber für die Maroniten.
Maroun lebte nahe dem Orontes Fluss bei Cyrrhus in Syrien. Als er einen Heidentempel fand, widmete er sich voll und ganz Gott und machte den Tempel zu seinem Oratorium. Ihm wurden Heilkräfte zugeschrieben und er gründete Klöster und bildete Mönche im Libanon und Syrien aus. Die Bezeichnung Maroniten, einer mit der Katholischen Kirche unierten Kirche, leitet sich von seinem Namen ab. Sein Grab befindet sich zwischen Hama und Homs, nahe einem Kloster. Er ist der Patron aller maronitischen Christen und der Stadt Volperino bei Foligno in Italien. Nach ihm sind verschiedene Eparchien benannt.
Der Namenstag vom Hl. Maroun wird am 9. Februar gefeiert. Im Libanon ist dies ein offizieller Feiertag. Auch in den maronitischen Gemeinden außerhalb des Libanons wird dieser Tag besonders gefeiert.
> St. Nimatullah al-Hardini
Nimatullah al-Hardini, eigentlich Joseph Kassab, (* 1808 in Hardin (Batrun), Libanon; † 14. Dezember 1858 in Kfifane, Libanon) war ein maronitisch-katholischer Mönch und wurde 2004 von Papst Johannes Paul II. heiliggesprochen. Er war der theologische Lehrer eines anderen libanesischen Heiligen, Charbel Makhlouf (1828-1898).
Al-Hardini stammte aus einer christlichen Bauernfamilie, den Kassab im Ort Hardin. Von den sechs Kindern traten drei in Klöster ein, ein weiterer älterer Bruder wurde darüber hinaus nach der Heirat zum Priester geweiht (was in den mit Rom unierten Ostkirchen wie in der orthodoxen Kirche möglich ist). Die Heimat Hardinis liegt unweit der Hafenstadt Batroun im Norden Libanons, der einzigen auch heute noch nahezu ausschließlich von Christen bewohnten Region in der arabischen Welt, dessen Kultur stark von den dort zahlreich vorhandenen maronitischen Klöstern und Eremitagen geprägt ist.
Hardini trat, dem Beispiel eines älteren Bruders folgend, im Jahre 1828 in ein Kloster ein und legte am 14. November 1830 sein Mönchsgelübde ab, im Antoniuskloster Quzhaya. Für seine theologischen Studien ging er anschließend ins Kloster St. Cyprianus in Kfifane. 1833 wurde er zum Priester geweiht. Ab 1848 war er als Lehrer an den Klosterschulen von Kfifane und Bhersaf (al-Mitn) tätig. In Kfifane war einer seiner Schüler (von 1853 bis 1855) Charbel Makhlouf. Ab 1845 diente er seinem Orden als Generalassistent. Am 14. Dezember 1858 ist Hardini in Kfifane verstorben, wo sein Grab heute verehrt wird.
Ähnlich wie bei Charbel Makhlouf blieb sein Leichnam nach seinem Tode unverwest, auch 1927 bei der Umbettung im Rahmen der Einleitung des Seligsprechungsverfahrens wurde diese Unversehrtheit bestätigt. Auch Hardinis Grab wurde sehr schnell eine Stätte maronitischer Volksfrömmigkeit, wo zahlreiche Krankenheilungen berichtet wurden. Hardini wurde am 7. Juli 1997 in Rom, wenige Wochen nach dem historischen Besuch Papst Johannes Pauls II. im Libanon im Mai 1997, in Anwesenheit zahlreicher Gäste aus dem Libanon (neben christlichen Pilgern und Prominenten auch der damalige Premierminister Rafiq al-Hariri, ein sunnitischer Muslim), seliggesprochen. Am 14. Mai 2004 folgte in Rom die Heiligsprechung Hardinis.
> St Charbel
Charbel Makhlouf (* 8. Mai 1828 als Joseph Makhlouf in Biqa-Kafra, Libanon; † 24. Dezember 1898 in Annaya, Libanon) war ein maronitisch-katholischer Mönch und der erste Maronit der Neuzeit, der von der katholischen Kirche 1977 offiziell heilig gesprochen wurde. (Gedenktag am 24. Juli)
Joseph Makhlouf stammte aus einer einfachen christlichen Bauernfamilie in der damals schwer zugänglichen Hochgebirgsregion im Norden Libanons, der einzigen auch heute noch nahezu ausschließlich von Christen bewohnten Region in der arabischen Welt, dessen Kultur stark von den dort zahlreich vorhandenen maronitischen Klöstern und Eremitagen geprägt ist.
Joseph, der schon als Kind sehr fromm gewesen sein soll, trat mit 23 Jahren in das Kloster Notre Dame de Mayfouk (nördlich von Jbeil (Byblos)) ein. Im Jahre 1853 wechselte er zum Kloster St. Maroun in Annaya und leistete dort das Mönchsgelübde und nahm den Ordensnamen Scharbel (nach einem alten orientalischen Märtyrer) an.
Die nächsten Jahre verbrachte er im Kloster Kfifan, wo er bei Pater Nimatullah al-Kafri und Pater Nimatullah al-Hardini (letzter wurde 2004 von Johannes Paul II. heilig gesprochen) Theologie studierte. 1859 wurde er zum Priester geweiht und kehrte nach Annaya zurück. 1875 entschied er sich für ein Leben als Eremit in der Eremitage St. Peter und Paul oberhalb von Annaya. Am 16. Dezember 1898 erlitt er, während er in der Eremitage die Heilige Messe zelebrierte, einen Schlaganfall, an dessen Folgen er am Heiligabend 1898 verstarb.
St. Scharbel wurden schon zu Lebzeiten verschiedene Wunder nachgesagt. Bald nach seinem Tode stellte man fest, dass sein Leichnam nicht verwest oder vertrocknet war, sondern noch Körperflüssigkeit enthielt und absonderte. Dies wurde auch bei späteren Umbettungen bestätigt. Diese Phänomene sowie zahlreiche Krankenheilungen nach einem Besuch am Grabe Scharbels machten ihn sehr schnell zu einem festen Bestandteil orientalisch-christlicher Volksfrömmigkeit. Zwei Heilungen aus dem Jahre 1950 führten schließlich zur Einleitung eines Seligsprechungsverfahrens in Rom, das am 5. Dezember 1965 mit der offiziellen Seligsprechung Scharbels durch Papst Paul VI. seinen Abschluss fand. Aufgrund einer dritten Heilung im Jahre 1967 fand dann am 9. Oktober 1977 die Heiligsprechung, wiederum in Rom durch Paul VI., statt.
„Mar Scharbel“, gehört mit St. Rebekka Ar Rayès (2001 von Johannes Paul II. heilig gesprochen) und St. Nimatullah al-Hardini, dem akademischen Lehrer Scharbels (Heiligsprechung 2004 durch Johannes Paul II.) zu den drei offiziell von Rom kanonisierten libanesischen Heiligen.
> St. Rafqa
Rafqa (Rebekka) Pietra Choboq Ar-Rayès (* 29. Juni 1832 in Himlaya, in der Nähe von Bikfaya, Libanon; † 23. März 1914 in Jrebta, Libanon) war Nonne und ist Heilige der maronitischen Kirche.
Rebekka Ar Rayès trat 1871 in ein Kloster des maronitischen Antoniusordens ein. Zuvor war sie dem Massaker entkommen, das die Drusen an den Maroniten angerichtet hatten. Während ihres klösterlichen Lebens hatte Rebekka Ar Rayès schwere körperliche und seelische Leiden zu erdulden, wobei sie sich durch eine tiefe Frömmigkeit und Glaubenstreue auszeichnete. Bald nach ihrem Tode am 23. März 1914 wurde ihr Grab zum Ziel vieler Pilger. Papst Johannes Paul II. sprach Rebekka Ar Rayès am 10. Juni 2001 heilig. „Rafqa“, wie sie auf Arabisch heißt, gehört mit St. Charbel Makhlouf (1977 von Paul VI. heilig gesprochen) und St. Nimatullah al-Hardini (Heiligsprechung 2004 durch Johannes Paul II.) zu den drei von Rom kanonisierten libanesischen Heiligen.
> Seliger Jakob
Jakob von Ghazir als Khalil Haddad (* 1. Februar 1875 in Ghazir; † 26. Juni 1954) war ein libanesischer Kapuzinermönch, der selig gesprochen wurde.
Er war das dritte Kind von acht Kindern des maronitischen Ehepaars Boutros und Shams Haddad. Nach dem Besuch der Grundschule in Ghazir und der Mittelschule in Beirut emigrierte er nach Ägypten und beschloss dort, bewegt durch zwei prägende Erlebnisse, im Alter von 19 Jahren in den Kapuzinerorden einzutreten. Er reiste zurück in den Libanon und trat in das Kapuzinerkloster St. Padua von Ghazir ein. Nach der Beendigung seiner theologischen Studien wurde er 1901 im der Kapelle der Apostolischen Vikariats von Bischof Duval, den Apostolischen Delegaten im Libanon, zum Priester geweiht. Er wurde zunächst mit der Verwaltung von fünf Klöstern von seinem Orden beauftragt. Ab 1905 wurde er Direktor der von den Kapuzinern geleiteten Schulen im Libanon. Er war ein guter Organisator. Er gründete in Beirut den Dritten Orden des St. Franziskus, der sich im Libanon ausbreitete. Er gründete die Zeitschrift Familienfreund. Als die französischen Kapuziner während des Ersten Weltkrieges den Libanon verließen, oblag ihm die Führung der Kapuzinermission. Er verteilte Nahrung an die Bedürftigen und bestattete die Toten, die durch die Straßenschlachten auf der Straße lagen. Die Lage verbesserte sich mit dem Ende des Krieges. Nach der Rückkehr der französischen Mitbrüder konnte er sich neuen sozialen Aufgaben widmen. Er eröffnete Einrichtungen für Waisen und Frauen in Not.
Er holt Franziskanerinnen aus Frankreich in den Libanon, die im bei der Ausbildung der Mädchen halfen und gründete eine neue Kongregation die Franziskanische Schwestern vom Kreuz, welche sich insbesondere um Behinderte, Senioren, bedürftige Mädchen und Frauen sowie um kranke Priester kümmert. Ferner gründet er Spitäler für Behinderte, kranke und alte Priester. Am 22. Juni 2008 wurde Jakob von Ghazir in Beirut selig gesprochen.
Der Maronitische Orden
Der Maronitische Orden im Libanon, der Träger dieser Aktion, geht auf das Jahr 1695 zurück. Im religiös äußerst virulenten Libanon entdeckten drei junge Christen aus der Stadt Aleppo ihre Berufung und errichteten, mit der Genehmigung des Patriarchen, diesen neuen Orden. Durch die Jahrhunderte wuchs der Orden sehr stark an. Ab dem 18. Jahrhundert hatte der Orden nicht nur eine ganze Anzahl von Klöstern übernommen, sondern auch damit begonnen, über die Herstellung von Wein für den kultischen Gebrauch hinaus, den Lebensunterhalt der Mönche durch den Weinbau sicher zu stellen. In den Jahrzehnten danach wurde die Bildungsarbeit mehr und mehr ein Schwerpunkt der Ordensarbeit. Auch hierfür wurde zunehmend der Weinbau die Finanzierungsgrundlage. In den schweren Jahren Mitte des 19. Jahrhunderts wurden nahezu alle Klöster, nicht nur dieses Ordens, an den Rand des Untergangs gebracht. Dennoch fand man Wege, um wieder auf die Beine zu kommen. Nicht nur die Arbeit in den Schulen, Seminaren und einer eigenen Hochschule blühte, sondern auch die Kompetenzen in der Herstellung von Wein wuchsen. Der Bürgerkrieg im Libanon in den Jahren 19745 bis 1990 allerdings brachte einen massiven Zusammenbruch mit sich. Alle Klöster mussten sehr viel erleiden und standen am Rande des wirtschaftlichen Abgrunds.
Nach Ende des Bürgerkrieges wurde versucht Aufbauarbeit zu leisten, was aber nicht alle Klostergemeinschaften in gleicher Weise erbringen konnten. So zog sich die Entwicklung innerhalb des Ordens deutlich langsamer hin als im Gesamt der libanesischen Gesellschaft. Im Jahre 2000 gab es deshalb erste Überlegungen zu neuen Formen der Kooperation und wenige Jahre später, 2003, wurde ADYAR aus der Taufe gehoben.
ADYAR ist so nun ein Zusammenschluss von acht Klöstern des Maronitischen Ordens im Libanon, die nun ihren Wein gemeinsam anbauen, ihn an drei Klosterstandorten ausbauen und nun gemeinsam auch vermarkten.
ADYAR Weine zeichnen sich durch höchste Qualität aus, sind biologisch ökologisch zertifiziert und seit dem Jahre 2010 auch in Deutschland zu erhalten.
Mehrheitlich liegen die Klöster und ihre Weingärten in den Bergen des Libanon. Die Trauben wachsen auf Höhen zwischen 400 und 1.600 Metern. Durch die Lage des Libanongebirges und seiner Hänge bedingt, werden die Weingärten ganztägig mit der Sonne des Mittelmeeres erwärmt. Die Abkühlung in der Nacht wird leicht abgeschwächt durch die Winde, die die Wärme des Meeres mit in das Gebirge bringen. Verbunden mit den Mineralien des Bodens entstehen so ideale Konditionen für den Weinbau, auch weil die Berge des Libanon für hinreichend Wolkenstau und Regen sorgen. Bei der Weinerzeugung ist eines der Ziele auch für jede der Regionen einen je typischen Wein zu kreieren. Seit 2008 sind die Weine über IMC (Instituto Mediterraneo Di Certificazione) als „bio“ anerkannt.
Pro Weinstock wird absichtsvoll nur je ein Liter Wein erzeugt; 5000 Rebstöcke stehen auf einem Hektar. Durch diese absichtsvolle Reduktion wird eine Steigerung der Qualität der Reben angezielt.
Mehr als 20 Familien leben, neben den beteiligten Klöstern, von diesem Projekt. Die Familienoberhäupter arbeiten als Angestellte der Klöster in den Weinbergen und in den Weinkellern. Die Vinifizierung selbst wird von ausgebildeten Mönchen des Maronitischen Ordens verantwortet. Dabei wird größter Wert auf weitestgehend rein manuelle Be- und Verarbeitung gelegt.
Inzwischen sind die Bio-Weine aus den Weingütern von ADYAR auch über die Grenzen des Libanon hinaus bekannt und anerkannt. Bei der internationalen Ausscheidungen der Bioweine – weltweit – wurden mehrfach Weine von ADYAR mit je einer Gold- und einer Silbermedaille ausgezeichnet.
Die einzelnen Klöster: